Mehrsprachigkeit als Chance

Von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Ingrid Gogolin, Universität Hamburg.

Etwa 40 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland haben Migrationserfahrung – entweder, weil sie selbst migriert sind, oder durch ihre Familie. Damit verbunden ist zumeist, dass eine oder mehrere Sprachen neben Deutsch eine Rolle im alltäglichen Leben spielen. Nach jüngsten Daten aus dem Mikrozensus ist in ca. 95 Prozent der Familien mit Migrationserfahrung und Kindern im Alter bis zu 15 Jahren eine mehrsprachige Praxis üblich. Der Schatz an sprachlichen Fähigkeiten, deren Grundlagen durch diese Praxis gelegt sind, wird im gegenwärtigen Schulsystem kaum gewürdigt, geschweige denn gemehrt. Eher ist es üblich, dass das Potenzial der Mehrsprachigkeit ignoriert wird – wenn es nicht gar aus der schulischen Bildung ausgeschlossen werden soll.

In meinem Beitrag beim digitalen Fachtag „Sprachförderung im Jugendbegleiter-Programm“ am 14.06.2023 stelle ich Ergebnisse einer Langzeitstudie vor, in der wir der Frage nachgegangen sind, wie sich mehrsprachige Fähigkeiten über den Verlauf der Sekundarstufe entfalten. Untersucht haben wir die Entwicklung der Fähigkeiten in Deutsch, der Schulfremdsprache Englisch und der Herkunftssprachen Russisch oder Türkisch. Es zeigt sich, dass die Fähigkeiten in den verschiedenen Sprachen eng zusammenhängen – und dass sie einander wechselseitig unterstützen, selbst wenn die Schule dies nicht fördert. Initiativen wie das Jugendbegleiter-Programm könnten den Reichtum an mehrsprachigen Fähigkeiten mehren helfen, über den Heranwachsende in Deutschland verfügen. Damit wären nicht nur Vorteile für die einzelnen Lernenden verbunden, sondern auch gute Chancen für die gesellschaftliche Entwicklung im Kontext der Globalisierung.

Programm und Anmeldung zum Fachtag „Sprachförderung im Jugendbegleiter-Programm“ am 14.06.2023

Der digitale Fachtag „Sprachförderung im Jugendbegleiter-Programm“ findet am 14. Juni 2023 von 9:00-13:00 statt. Neben dem Fachimpuls von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Ingrid Gogolin wird Frau Ministerin Theresa Schopper für eine Live-Diskussion anwesend sein. Veranstalter sind das Kultusministerium und die Jugendstiftung Baden-Württemberg.

Foto: © Scholzfoto

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